von vorn - zur Startseite
Wer wir sind
Was wir tun
Sonst gern - ehrlich
Kontakt

 

 

 

Sonst gern

      Diesen Text schrieben Matthias und Melanie im Dezember 1999, während die Teilnehmer eines Seminars fleißig vor sich hinarbeiteten. Zum gleichen Thema übrigens ...  

Von Marssonden und schrecklichen Orten - Ein Nachruf auf den »Lunar Polar Lander«

Was hatte der jugendliche Drogendealer im Film »Pulp Fiction« den hoch qualifizierten Ingenieuren der NASA voraus? Er kannte das metrische System. Ihm nützte es wenig. Samuel L. Jackson schoss ihm in den Kopf. Was mit den Ingenieuren der NASA passiert, ist noch nicht ganz raus. Vielleicht müssen sie in Zukunft von Tür zu Tür ziehen und Matell-Spielzeugsonden verkaufen, um die 165 Millionen Dollar wieder reinzuholen, die die Mars-Sonde »Lunar Polar Lander« gekostet hat, die am 3. Dezember im Weltall verschwand und nun, knapp sechs Wochen später, nach einem letzten Versuch der Kontaktaufnahme endgültig verloren gegeben wurde.

Die Wissenschaftler sind zerknirscht. Dabei war die Sonde eigentlich ein Schnäppchen, wie die US-Weltraumbehörde nicht müde wird zu betonen. Der im August 1993 in der Mars-Umlaufbahn verschwundene »Mars Observer« hatte noch satte zwei Milliarden Mark gekostet. Weil man ungern zwei Milliarden Mark in fremden Umlaufbahnen verliert, entschloss sich die NASA, für ihre folgenden Forschungsprogramme auf die Portokasse zurückzugreifen.

Billiger und schneller sollten die Marsprogramme werden, mit dem Ergebnis, dass Forschungssonden jetzt offensichtlich schneller verloren gehen als früher, sie allerdings nicht wirklich »billig« zu nennen sind. Doch plötzlich sollte der Etat schuld sein, den man selber herunter geschraubt hatte: Es fehlt am Geld, sagen die Wissenschaftler. Kein Wunder, steckt dieses doch in hochtechnisiertem Weltraumschrott in Mars-Umlaufbahnen fest.

Nun, egal, ob man jetzt mehrere 100 Millionen Dollar für wenig Geld hält oder nicht: es kann in der NASA nicht alles auf die fehlenden Kröten geschoben werden. Der erst im August 1999 im All verglühte »Climate Orbiter« - Kostenfaktor 125 Millionen Dollar - nämlich ging aufgrund eines Rechenfehlers verloren. Oder besser gesagt, aufgrund eines fehlenden Rechenfehlers.

Der zuständige Ingenieur vergaß ganz einfach, einige Details in seinen Berechnungen vom amerikanischen System in das europäische, metrische System umzuwandeln. Selbst von einem unterbezahlten Ingenieur sollte man verlangen können, dass er auch nach seinem Studium noch ein, zwei Beweise seiner (Zu-)Rechnungsfähigkeit erbringt. Ein solcher Fall hätte die Handhabung mehrerer hundert Millionen Dollar doch sein können.

So schnell also, lehrt die NASA, wird man so viel Geld los. Einen Teil dieser Summe in überall erhältlich Umrechnungstabellen zu investieren, wäre vielleicht gar keine so schlechte Idee gewesen. Wörterbücher, in denen sich derartige Tabellen befinden, sind schon für ca. zwanzig Mark in jeder Buchhandlung erhältlich, was auch das reduzierte Budget der NASA wohl kaum sprengen dürfte.

Darüber hinaus hätten die Konstrukteure auch ihre Kollegen in Deutschland fragen sollen, die kennen das mit den Metern und den Zentimetern, und dass man das Komma dann einfach verschiebt. Allerdings sitzen die in Katlenburg bei Göttingen, und wahrscheinlich waren die Amerikaner dort schon mal zu Besuch. Dabei haben sie nachts an der Tankstelle Dr. Demuths Katlenburger Erdbeerschaumwein probiert und trauen nun den Deutschen nicht weiter, als sie am Morgen danach neben die Schüssel gepisst haben. Das könnte zwar schon einige Zentimeter oder Meter betragen, doch reicht es für wirkliches Vertrauen in Zusammenhang mit teurer Technik noch nicht aus.

Wahrscheinlich war es auch gut, dass sie ihrem Bauch-Gefühl vertraut haben. Denn wirklich hilfreich war Professor Kristian Schlegel vom »Max-Planck-Institut für Aeronomie« nicht. Die Kollegen von der dpa zitierten ihn mit den Worten: »Wir haben noch nichts gehört.« Wir dagegen umso mehr - Hohngelächter.

Es könnte allerdings auch sein, dass eigentlich alles richtig lief und die Sonde einfach nur an einem fürchterlich schrecklichen Platz gelandet ist. Diese Vermutung äußerte im Dezember der Raumfahrtexperte Robert Park gegenüber der AP: »Vielleicht lief alles richtig, und die Sonde ist nur an einem furchtbar schrecklichen Platz gelandet.«

Auch hier wiederum steht die Sonde nicht alleine. Wer jemals Samuel L. Jackson in seiner Rolle aus »Pulp Fiction" in die Augen bzw. in die Wumme geblickt hat, dem kann ebenfalls der Gedanke vor der Kugel durch den Kopf geschossen sein, dass er an einem furchtbar schrecklichen Platz gelandet ist. Mit Recht! Doch immerhin konnte jener rechnen, die NASA-Ingenieure eben nicht. Immerhin! Das ändert aber auch nichts mehr an der Tatsache: Der »Lunar Polar Lander« ist weg, endgültig. Und: das Ding war ziemlich teuer.

 

 
 
   
   
  Auto-Imagination  
  Sinnfragen